Journalisten nutzen immer wieder den Ausdruck „iPhone-Killer“, wenn sie über Smartphones schreiben. Ich muss dann immer schmunzeln und frage mich, wie viele Minuten die Redakteure das jeweilige Handy in der Hand hatten. Es macht sich halt gut, den populärsten, besten – eben den Vorreiter einer Branche – anzugreifen. Bislang kam für mich kein Gerät auch nur in die Nähe des iPhones. Doch bei meinem Test mit dem HTC Legend von Vodafone mit Android 2.1 (Eclair), der über mehrere Wochen lief, wurde ich schwach. Ich mag es nicht „Killer“ nennen, weil es so negativ ist, aber „ernsthafte Alternative“ allemal.
Alles funktioniert intuitiv. Als iPhone-Nutzer kommt man mit dem Menü sofort klar. Neben dem Touchscreen, auf dem man wischen, tippen und auch pinchen (Zoom mit zwei Fingern) kann, fungiert die Home-Taste als optische Maus. Auch damit kann man durch Apps, Landkarten oder Webseiten navigieren. Über der Home-Taste gibt es noch vier Tasten: Startbildschirm, Menü, Zurück und Suchen. Aus dem Standby kann man das Legend aber über keine der Fronttasten erwecken. Das geht nur oben mit dem An-/Ausschalter.
Regelmäßige Abstürze
Doch wo viel Licht ist, ist auch Schatten: Die häufigen Fehlermeldungen und App-Abstürze erinnern mich an meine Windows-Vergangenheit. Zwar kann man mehrere Apps zeitgleich laufen lassen, doch kann der Anwender die Programme nicht wieder schließen, wenn er das Gefühl hat, die Performance geht in den Keller. Was hat sich Google bzw. HTC nur dabei gedacht, dass man lediglich 185 MB Speicher für Apps zur Verfügung hat, selbst wenn RAM und SD-Card viel mehr Platz bieten?
Das Äußere
Eine aus Aluminium gefräste Hülle…hmm….wo habe ich das nur schon mal gesehen? Dass die taiwanesischen Designer beim angebissenen Apfel ihre Anleihen genommen haben, ist wohl mehr als klar. Doch ist das Legend etwas schmaler und eckiger als das iPhone. Dank Letzterem liegt es besser in der Hand. Der zum Nutzer hin abgeknickte untere Teil mit dem Home-Knopf ist eine optische und haptische gelungene Variante. Lautstärkewippe an der Seite, Kopferhörereingang sowie Ein-/Aus-Knopf auf der Oberkante – wie beim großen Vorbild. Eine Kameralinse (5 Megapixel, Foto und Video) auf der Rückseite mit LED-Blitz. Drumherum schwarzer Kunststoff, der das schöne edle Alubild zwar stört, aber ein reiner Metallkörper hätte den Antennen (Mobilfunk, WLAN, GPS) keine Empfangschance gelassen.
Der Start
Um die SIM-Karte einzulegen, öffnet man die Kunststoffabdeckung auf der Rückseite. Wenn der Plastikschutz ausgeklappt ist, liegen die Slots frei. Eine Micro-SD-Speicherkarte ist für große Männerhände eigentlich nichts und der Schacht sitzt sehr tief. Am besten schiebt man das kleine Plastikding mit der SIM-Karte in den linken Slot, bis es einrastet. Dann die SIM-Karte in den rechten Schacht schieben (Chip nach unten). Das Legend anschalten und die SIM-PIN eintippen …ups, mist, auf Notruf getippt. Warum ist der große Button unten mit dem Notruf belegt? Genau die Taste, auf die man intuitiv tippt. Das OK für die PIN ist deutlich kleiner und liegt links. Daran muss ich mich erst gewöhnen. Dagegen ist die Datenübernahme extrem praktisch: Für die Nutzung des Android Markets, also des App-Stores, muss man seine Google-Konto-Daten eingeben. Damit werden gleichzeitig alle Einstellungen und Inhalte für Mails, Kalender und Google Talk übernommen. Das Legend ist sofort einsatzbereit. Wer Apps kaufen möchte, muss sich beim Google-Bezahldienst Checkout anmelden. Das User Interface (UI) HTC Sense macht einen hervorragenden Eindruck. Facebook ist vorinstalliert und Twitter (Peep) auch. Im Friend Stream kann man in einer App Mitteilungen an beide Dienste senden.
Marktplatz der Apps
Die Möglichkeit, Apps über einen Barcode zu installieren, finde ich genial. Dazu benötigt man einen Barcode Scanner als App. Dann kann man auf Webseiten oder in Anzeigen das schwarz-weiße Viereck scannen und erhält den Link zur App. Sehr praktisch.
Standard ist jedoch der Market auf dem Smartphone. Die Auswahl ist mit über 30.000 Apps schon beachtlich. Herausstellen möchte ich nur ein App, die ich über die Seiten des Anbieters gefunden habe. AVM hat für seine fritzbox zwar schon zur CeBit 2010 für iPhone und Android Apps angekündigt, doch bislang gibt es nur eine nicht unterstützte Beta-Version auf der Firmenseite. Die App stellt per WLAN Verbindung zur fritzbox her und man telefoniert wie gewohnt über das Festnetz mit seinem Smartphone. So kann man auch eingehende Anrufe annehmen. Sehr praktisch, doch die App ist wackelig“, häufige Abstürze und schlechte Gesprächsqualität vermiesen noch den Anwenderspaß. In Sachen Abstürze ist die App allerdings in guter Gesellschaft mit Amazon MP3 und dem Restaurantführer Urbanspoon. Hier kann man mit schütteln Drehräder, wie bei einem einarmigen Banditen zur Restaurantauswahl, aktivieren.
Tolles Zusammenspiel
Wenn eine App läuft, ist das Legend ein perfektes Handy. Die Anbindung zum Browser oder zu Google Maps klappt wunderbar. Lediglich das Tippen machte mir einige Schwierigkeiten. Da das Legend etwas schmaler ist, als das iPhone, fallen auch die Taste schmaler aus. Ich musste mich beim Tippen extrem konzentrieren.
Über ein UKW-Radio in einem Smartphone habe ich bislang milde gelächelt. Daraus ist nun ein fettes Grinsen geworden, denn ich habe es sehr zu schätzen gelernt. Es ist keine Datenverbindung nötig und man hört Musik, Nachrichten oder Verkehrsinfos. Ab und zu ist das schon praktisch. Das Radio funktioniert nur mit Kopfhörer, denn das Kabel fungiert dabei als Antenne. Eine nette Spielerei am Rande: Schaltet man das Display frei, bewegt sich das Wetter über den gesamten Bildschirm. Also bei Regen fallen Tropfen oder bei Bewölkung ziehen für einige Sekunden Wolken über das Display, bevor sie die App-Icons wieder freigeben. Davon würde ich ja gern hier Screenshots zeigen, aber das ist bei Android viel zu „Schrauberei“. Wer mir das nicht glaubt, lese bitte hier nach. In Sachen Screenshot waren Hardcore-Entwickler am Werk, die nicht vermuten, ein Nutzer könnte mal ein Bildschirmfoto gebrauchen. Beim iPhone sind das zwei Tasten, dann hat man´s.
Wer es noch genauer wissen will, findet hier die technischen Daten des Smartphones. Das Legend gibt es bei Vodafone mit 24-Monats-Tarif für 79,90 Euro. Ohne Vertrag kostet es 420 Euro. Das Testgerät wurde von Vodafone zur Verfügung gestellt.